In diesem Jahr entdeckten alle Christen in Deutschland das Osterfest neu und feierten es auf unterschiedliche Weise. Jetzt ist die Zeit, mit dieser uns befreienden Botschaft von der Auferstehung Jesu zu leben.
In den Exerzitien auf der Straße lernte ich, mich durch sonst nicht beachtete Zeichen dorthin führen zu lassen, wo der Auferstandene heute auf mich wartet. Er zeigt mir – ähnlich wie Gott Mose in der Wüste aus einem brennenden aber nicht verbrennenden „Dornbusch“ (Ex 3,4) ansprach -, wo er auf mich wartet und ich seine brennende Liebe wahrnehmen darf. Mose sollte dort seine Schuhe ausziehen, um die Realität zu spüren, in der Gott ihm seinen Lebensauftrag übergab, nämlich sein Volk aus der Sklaverei in Ägypten zu befreien. Gott sucht immer wieder unsere Befreiung von Gewalt und anderen Beeinträchtigungen, in denen unser Leben verkümmert. Diese Befreiungsbotschaft ist sein Erkennungszeichen.
Also lasse ich mich führen! Da ich heute 77 Jahre alt werde, suche ich nach dieser Zahl in der Bibel. Jesu antwortet Petrus, der wissen wollte, wie oft er seinem Peiniger vergeben soll. Petrus vermutet, sieben Mal reiche aus (Mt 18,21). Jesus nennt daraufhin die herausfordernd hohe Zahl 77. Ein „Immer“ ist wohl nur Gott möglich. Gott ist die unbegrenzte Barmherzigkeit.
Jetzt stehe ich selbst vor einem brennenden, doch nicht verbrennenden Dornbusch und ich entdecke, wie mich das Osterfest im Alltag ausrichtet: Die unbegrenzte Barmherzigkeit Gottes, die unsere Schuld auslöscht, wenn wir denen verzeihen, die uns gegenüber schuldig geworden sind (Mt 6,14f). So beten wir doch regelmäßig mit Jesus. Dann nehmen wir mit der Hoffnung, unser Leben wirklich zu korrigieren, an der Lebensfreude Gottes teil. Nun ist unsere Bereitschaft zu verzeihen, keine Höflichkeitsformel mehr, mit der wir unser Umfeld nerven, sondern auch eine Antwort auf die Frage von Petrus.
Jetzt ist die Zeit da, Gott für seinen Dienst an uns zu danken, wozu wir in jedem Gottesdienst eingeladen sind. In der aktuellen Ausgabe von „Geist & Leben. Zeitschrift für christliche Spiritualität“ habe ich eine Anleitung für eine Gottesdienstfeier anhand der Emmaus-Erzählung geschrieben (Lk 24,13-36). Dabei lässt sich das Entstehen von Kirche erahnen und diese Gemeinschaft wohl auch unter uns wahrnehmen. Feiern Sie doch einmal diesen Oster-Gottesdienst zu Hause mit Ihren Liebsten zusammen mit dieser Ikone. Erleben Sie die Nähe Gottes, wenn zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind. Viel Freude dabei!
Mit der Osterfreude grüßt Sie,
Ihr Christian Herwartz SJ (Berlin)