2016 – München

Protokoll – Treffen der Begleiter_innen von Straßenexerzitien

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–> Bericht vom Treffen s. hier

29.-31. Januar 2016  –  München

Protokoll: Maria Jans-Wenstrup

An diesem Wochenende trafen sich gut 30 Frauen und Männer, die bereit sind Straßenexerzitien zu begleiten und das überwiegend auch schon getan haben. Andreas Ebert hatte uns in das spirituelle Zentrum St. Martin im Goldbachviertel eingeladen, dort für gute Rahmenbedingungen gesorgt und uns mit einer leckeren Linsensuppe empfangen.

Aus der Abendrunde, in der wir nach einer Kennlernzeit die mitgebrachten Themen und Anliegen in die Mitte legten, entwickelte sich dann das Programm für die kommenden eineinhalb Tage.

Der Samstag begann mit einem Plenum, in dem es zunächst um die
Website <www.strassenexerzitien.de> ging. Kathrin und Jörg haben sie seit ca. zwei Jahren neu gestaltet (Jörg zusätzlich und damit verbunden auch eine entsprechende Facebook-Seite) und baten um Rückmeldungen. Zunächst gab es einen ganz großen Dank! Die Seite ist nicht nur für praktische Planungen von Nutzen und sammelt vielfältige Berichte von Straßenexerzitien-Erfahrungen. Sie hält auch darüber hinaus durch verschiedenste Artikel die Welt und die Straße präsent. In diesem Zusammenhang wies Christian darauf hin, dass die Homepage bei den Ökumene-Exerzitien ein wichtiger Ort für Hintergrundinformationen gewesen sei.

Es gab verschiedene Anregungen für Ergänzungen der Webseite:

  • Elisabeth brachte die Idee ein, bewusst positive Nachrichten z. B. zur Flüchtlingsthematik oder unter dem Stichwort „Zivilcourage“ auf der Seite zu sammeln.
  • Michael hatte die Idee, Personen zu protraitieren, die in irgendeiner Art als Grenzgänger gelebt haben (er selbst hat das in seiner Promotion mit M. Delbrel getan).
  • Christian regte an, noch stärker Bezüge zu verwandten spirituellen Bewegungen in anderen Religionen deutlich zu machen, z.B. zu Straßenexerzitien bei Buddhisten.
  • Hingewiesen wurde auch ausdrücklich darauf, dass die Sprache der Website nicht auf bürgerliches oder sogar kirchliches Insidermilieu zugeschnitten sein soll (und nach Meinung vieler auch nicht ist).
  • Kathrin und Jörg baten ausdrücklich darum, Texte o.ä., die uns passend erscheinen, zu schicken (über die Kontaktadresse <mail@strassenexerzitien.de> erhalten sie es beide). Auch die Mailadresse <liste@strassenexerzitien.de> kann weiter für Nachrichten und Anfragen an alle genutzt werden. Inzwischen ist die Technik auch so verändert, dass über den Antwort-Button nur noch der/die eine Antwort erhält, der die Rundmail geschrieben hat. In diesem Zusammenhang wurde noch die Bitte geäußert, auf jeden Fall immer zu reagieren, wenn jemand auf eine Begleitersuche hin ein Angebot schickt.

Im zweiten Teil des Plenums wurden offene Plätze für Begleiter_innen gesammelt und teilweise auch schon Menschen gefunden, die sie füllen mochten. Im Anhang des Protokolls findet ihr einen Überblick mit der Bitte, euch noch bei den entsprechenden Verantwortlichen zu melden, wenn ihr etwas übernehmen könnt.

Der weitere Vormittag bot zwei Alternativen:

  • Eine Gruppe machte in Begleitung von Martin Arz (auf Anfrage von Andreas) einen Gang durch das Glockenbachviertel und entdeckte manch erstaunliche Dinge, z. B. dass München ein bedeutender Floßhafen gewesen ist mit vielen Bächen und Gewerbemühlen. Geradezu erschreckend ist die Tatsache, dass von diesem Teil der Geschichte gar nichts mehr zu sehen ist, so als seien in einer Weigerung sich zu erinnern alle Spuren bewusst getilgt worden. Ein anderer Eindruck war der Wandel einer Stadt, der wie ein Strom die einzelnen Menschen mitnimmt.
  • Parallel dachte eine zweite Gruppe über Strukturfragen bezüglich Straßenexerzitien nach (was sind die Essentials, welche Rahmenbedingungen braucht es, welche Verbindlichkeit…?) Ein eigenes Protokoll dieses Gruppengesprächs, das Martina Fröhlinger geschrieben hat, ist ebenfalls im Anhang zu finden.

Auch am Nachmittag gab es zwei parallele Gruppen:

  • Die eine beschäftigte sich mit verschiedenen Formen von Straßenexerzitien. Einerseits ging es um ein Experiment, wie Straßenexerzitien mit Familien mit kleineren Kindern aussehen könnten. Andreas und Kathrin Fisch wollen das mit ihren beiden Kindern in Begleitung von Dora ausprobieren, im eigenen häuslichen Umfeld. Sie bekamen dafür von der Gruppe deutliche Ermutigung und den Wunsch mit auf den Weg, später über die Erfahrungen zu hören.
    Zum Anderen sind Versuche im Werden, Exerzitien auf der Straße als Alltagsexerzitien zu gestalten. Adelheid und Michael wollen das zusammen versuchen und Marita und Michael Herwartz ebenfalls. In Berlin gibt es da schon längere Erfahrungen.
  • Die zweite Gruppe fand sich unter dem Schlagwort „Aufruhr auf Deutschlands Straßen“ zusammen und da vor allem unter der Fragestellung, wie die Tatsache, dass so viele Menschen neu in unser Land kommen, Straßenexerzitien beeinflusst, mit ihnen in Beziehung steht. Es entwickelte sich ein intensiver und sehr persönlicher Austausch in großer Runde. Aspekte darin waren:
    • Gefühle, die wir haben – auch Angst und Beunruhigung – ehrlich wahrnehmen
    • Vertrauen ist eine Entscheidung!
    • Das Aussprechen der eigenen Angst kann selbst schon Heilmittel sein.
    • Liebe in mir wachsen lassen (Wo Liebe ist, ist kein Raum für die Angst.)

Parallel zu diesen Gruppen sind Einzelne auch einfach für sich auf die Straße gegangen.

Um 16 Uhr gab es die Möglichkeit, fünf jungen Männern aus dem Senegal bei ihrem wöchentlichen Trommel-Treffen zuzuhören. Diese ließen sich auch bereitwillig zur Mitgestaltung des Gottesdienstes am nächsten Morgen einladen.

Der Nachmittag schloss mit einem Plenum, in dem die einzelnen Gruppen die anderen ein wenig an  ihren Gesprächen und Erfahrungen teilnehmen ließen (s.o.). Danach wurden noch einige weitere Themen besprochen:

Auf die Bitte um konkrete Unterstützung in der Begleitungskompetenz entstanden drei Vorschläge:

  1. Wir bitten professionell-erfahrene Begleiter_innen unter uns, z.B. ein Wochenende anzubieten, an dem sie die „Basics“ weitergeben (Ähnliches gab es schon mit guten Erfahrungen mit P. Köster SJ). Lutz erklärte sich auf Nachfrage zu so etwas bereit und wird demnächst einen Termin anbieten.
  2. Michael Peck regte parallel dazu ein Austauschtreffen von „Unprofessionellen“ an. So etwas könne man gut über die Mailingliste bei Bedarf ortsnah organisieren.
  3. Christian und Dora bieten ebenfalls an, sich ein Wochenende mit Interessierten zusammen zu einem Austausch zu dieser Frage zu treffen.

Ein ganz anderes Angebot, das auf das Sammeln persönlicher Erfahrungen zielt, macht Michael Peck. Er ist Händler mit einem Marktstand und verkauft auf verschiedenen Wochenmärkten im Raum Münster Oliven u.a. Wenn jemand Interesse hat, auf diese Weise öffentlichen Raum – die Straße – neu wahrzunehmen, kann er/sie sich gerne bei Michael melden und ihn für eine gewisse Zeit begleiten.

Der Samstagabend bietet Einblick in neue Buchveröffentlichungen und den Genuss einer Lesung.

  • Zunächst stellt Blandine das neue Buch zu Exerzitien auf der Straße für den französich-sprechenden Raum vor: Chr. Herwartz s.j. Et compagnons: Nos villes, d’un coeur brulant. Les Exercices spirituels dans la rue, Editions Vie chrétienne. Es ist ein eigenständiges Buch (keine Übersetzung), in das u.a. Blandine selbst je einen Erfahrungstext aus Teilnehmer- und aus Begleitersicht eingebracht hat.
  • Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass es inzwischen eine Übersetzung des Buches „Auf nackten Sohlen“ ins Spanische gibt.
  • Leider auch nur einen Hinweis gab es auf die Doktorarbeit von Michael Schindler, der leider schon wieder abfahren musste. Sie befasst sich mit verschiedenen Dimensionen von „Straße“ und wird in Kürze als Buch erscheinen. Christian hat eine größere Anzahl davon als Fortbildungsmaterial für Begleiter_innen von Straßenexerzitien bestellt und gibt sie gerne weiter, wenn sie da sind.
  • Auch die neue Buchsammlung der Naunynstraße, die Christian und Nadine unter dem Titel „Einfach ohne“ zusammengestellt haben, wird in nächster Zeit vorliegen. Auch hier können sich alle, die Interesse haben, gerne melden oder das Buch einfach beim Fest zum Neuanfang in der Naunyn-WG am 16. April mitnehmen. An diesem Abend las Andreas Fisch uns zusammen mit Kathrin einen Text daraus vor, den er zusammen mit seiner Frau geschrieben hatte.
  • Eine längere Lesungs-Phase gab es schließlich aus dem neuen Buch „Im Alltag der Straße Gottes Spuren suchen. Persönliche Begegnungen in Straßenexerzitien“, das jetzt Mitte Februar im Neukirchener Aussaat-Verlag herauskommen wird. Christian, Maria, Elisabeth, Katharina und Josef sind die Herausgeber_innen und der Schwerpunkt liegt auf einer großen Sammlung von Erfahrungsberichten, an der sich über 30 weitere Menschen beteiligt haben. Sie sind den verschiedenen Phasen des Exerzitienprozesses zugeordnet, in die jeweils kurz eingeführt wird. Im Anschluss gibt es Reflexionen aus verschiedenen Blickwinkeln und am Ende ein Nachwort von Klaus Mertes, in dem er die Straßenexerzitien vor dem Hintergrund der klassischen ignatianischen Exerzitien beleuchtet. Die anwesenden Autor_innen lasen für alle Auszüge aus diesem Buch und vermittelten so in sehr gesammelter Atmosphäre einen guten Eindruck.
  • Im Anschluss setzte sich noch eine kleine Gruppe zusammen und erarbeitete einen Muster-Ablauf für eine solche Lesung, der als Leitfaden dienen kann, wenn Einzelne von uns bei sich vor Ort in dieser Weise das neue Buch und damit auch die Straßenexerzitien selbst vorstellen möchten. Jörg hat diesen Muster-Ablauf über die Mailingliste an alle geschickt, so dass noch weiter daran gearbeitet werden kann.

Der Sonntagmorgen begann nach dem Frühstück noch einmal mit einem kurzen Plenum, in dem Michael, Iris, Christian und Andrea jeweils aus ihrer persönlichen Sicht von der Entwicklung in der Naunyn-Kommunität erzählten.

Dazu verweise ich auf den Blog <http://naunynblog.wordpress.com>, auf dem sie intensiv diese Entwicklung mit allen teilen, die teilhaben möchten. Auf diesem Blog findet sich übrigens auch ein persönlicher Rückblick auf das ganze Treffen in München von Iris, der eine gute Ergänzung für dieses doch eher sachliche Protokoll ist.

Und besser als dort kann auch der Abschlussgottesdienst, zusammen mit den fünf jungen Männern aus Senegal und einigen aus dem Verein des spirituellen Zentrums nicht beschrieben werden. Das war wirklich ein geistlich-menschliches Hochfest!

Am Ende des Treffens stand die Einladung für das kommende Jahr:

Vom 20.-22. Januar 2017 treffen wir uns im Duisburger Norden.

Elisabeth und Maria zeichnen verantwortlich für die Einladung und haben schon unterstützende Zusagen von verschiedenen anderen. Speichert euch schon mal den Termin ab. Zu gegebener Zeit wird dann eine konkrete Einladung kommen.

Außerdem wollen wir die Idee aufgreifen, dass diejenigen, die es möglich machen können und wollen, schon einen Abend vorher kommen und einen persönlichen Tag auf der Straße voranstellen können.

Anhang: Die Essentials der Straßenexerzitien

Gruppendiskussionen

Diskutiert in der Gruppe wurden folgende Punkte:

  1. Verbindlichkeit der Anmeldung bzw. anschließenden Teilnahme

Bei allem verständlichen Frust über die relativ unberechenbaren Teilnehmerzahlen in manchen Kursen fasste die Formel eines Begleiters unsere Haltung ganz gut zusammen:

  1. „Statt Verbindlichkeit Verbindung aufnehmen“

Um Ängsten und Unsicherheiten der Erstteilnehmer zu begegnen, ist die Kontaktaufnahme im Vorfeld wichtig. Sie kann geschehen durch Brief(e), Telefonat(e), Gespräch(e). Neben Christian stellen sich als konkrete Ansprechpartner für Nachfragen zur Verfügung, auf die auch auf der Homepage hingewiesen werden soll: Andrea und Iris.

Die Tagesangebote sind ebenfalls als Hilfe zu nennen, um sich den längeren Kursen zu nähern und auf den Geschmack zu kommen.

Wichtig schien uns, dass der Vorkontakt authentisch und von der Frage geleitet ist: Was bin ich bereit als Begleiter zu geben bzw. Was erwarte ich? Das sollte dann auch offen für die Teilnehmer kommuniziert werden.

  1. Kosten der Unterkunft

Konsens herrschte, dass Geld nach wie vor keine Bedingung für die Teilnahme an Straßenexerzitien sein soll. Da es schwieriger wird, kostenlose Unterkünfte zu finden, sind kreative Lösungen gefragt und wichtiger als schnell einem Betrag zuzustimmen, der von den Gastgebern erhoben wird.

Anders sieht die Situation aus, wenn ein Veranstalter für eine Gruppe, die in einem Tagungshaus zu einem Thema zusammenkommt, Begleiter anfragt, die im Rahmen dieser Tagung Straßenexerzitien für die Teilnehmer anbieten. Dafür stehen wir natürlich auch zur Verfügung.

  1. Teilnahme an der abendlichen Austauschrunde

Als zentrales Element der Straßenexerzitien ist sie verbindlich und es ist wichtig, dies zu Beginn der Begleitung anzusprechen. Jede/r Teilnehmer/in begleitet ja auch. Das sollte Teilnehmenden, die sich da eventuell ausklinken, möglichst sofort noch einmal verdeutlicht und dann gemeinsam nach Lösungen gesucht werden, wie der/die Betreffende die Teilnahme dann auch gewährleisten kann.

  1. Gottesdienst

Hier besteht eine Einladung zur Teilnahme, die generell natürlich freigestellt ist. Als Begleiter/in kann man die Bedeutung des Gottesdienstes würdigen bzw. unterstreichen, indem man beim Tagesrückblick bewusst danach fragt und das damit verbundene Erleben eigens in den Blick nimmt.

1-2 Gottesdienste, die auf der Straße stattfinden, sind in einigen Kursen schon fester Bestandteil.

Weil immer weniger Priester als Begleiter vorhanden sind, ist die Entwicklung alternativer Gottesdienstformen eine neue Aufgabe für die Begleiter/innen. Auch die Interreligiösität der Straßenexerzitien kann dies je nach Teilnehmerkreis erforderlich machen.

Patrick ergänzte noch zum 1. Punkt:

Zum Thema „Verbindlichkeit“ sagte Eine: „Wir haben die Zusage Gottes: ICH BIN DA“ und so sollte auch der Begleiter bedingungslos da sein, egal wie viele Teilnehmer kommen. Wir sollten aber statt „Verbindlichkeit einzufordern“ im Vorfeld der StraEx mit den Teilnehmern mehr Verbindung aufnehmen, z.B. anrufen in der Woche davor und hören, ob es bei der Anmeldung bleibt, dass wir uns auf die Tage freuen und die Begleiter dafür Urlaub genommen haben.