Edwin Reyes (2009)
Drei Kugeln haben bei meinen Exerzitien eine besondere Rolle gespielt. Sie waren wie drei Schutzpatrone, die mir erschienen sind.
„Heute habe ich die Prüfung geschafft!“, berichte ich stolz der Gruppe am Abend des fünften Tages der „Exerzitien auf der Straße“ in Berlin. „Aber wie es gelaufen ist, erzähle ich euch erst morgen.“ Erschöpft aber befreit gehe ich ins Bett im Untergeschoß der Kirche der Gemeinde Sankt Michael in Kreuzberg.
Am nächsten Morgen stehe ich auf und grüße den Tag noch vor dem Frühstück mit einem kleinen Sonnengebet. Dann schon die erste Überraschung: vor mir liegen auf der Waldemarstraße drei Patronen. Mir kommt spontan der Gedanke: „Schieß los! Raus damit! Erzähl es wirklich! Lebe!“
Viele Symbole haben mir während der Exerzitien geholfen, wie Museen, Denk- und Mahnmäler, Mauerwege und Reste. Sie waren oder sind Symbole von Terror und Tod, die das Leben verdrängen.
Ängstlich betrete ich diese Orte. Es waren fünf Tage der Verweigerung, bevor ich meine Schuhe der Kleinmütigkeit auszog. Das erinnert mich an Mose vor dem brennenden Dornbusch. Auf Englisch heißt er nur „burning bush“. DORNbusch – Ja genau: Die Straßen in diesem Sommer in Berlin waren manchmal kalt und auch manchmal heiß. Und dann noch die Steinchen und Glasscherben, die Verletzungen verursachen können. Das Ausziehen der Sandalen kann es nur ein Verrückter wagen.
So habe ich am Ende der Woche zwei Blasen an meinen Fußsohlen. Barfuss oder sogar nackt zu sein macht uns verletzbar.
Und trotzdem, gerade dort wo ich mich ausziehe, sehe ich mein Ganzes, spüre ich, wie ich mit dieser Straße der Welt sehr verbunden bin. Weg mit dem Schutz, der uns verweichlicht und uns im Leben überempfindlich macht.
Da war/ist/wird Gott (sein).
Ja! Barfuss bin ich vor den brennenden Dornbusch hingetreten.
In der dritten Etappe der Exerzitien kann man nur das Sakrament der Einheit feiern, und zwar Barfuss, in der Fußwaschung.
Barfuss werde ich gewaschen, so dass es mir so kitzelig ist. Und das Kind in mir wird geweckt. Am nächsten Tag kann ich nur Weinachten mitten im Sommer feiern. Lieder aus meiner Heimat singe ich auf der Straße und werde noch am Nachmittag in der Gruppe mit dem Lied „Freue dich, O Christenheit“ bestärkt.
Ja! Ich kann Barfuss in diesem Leben gehen, weil alles Leben heilig ist.