Bruder Christoph
Im März 2011 habe ich an Exerzitien auf den Straßen von Berlin teilgenommen. Untergebracht waren wir im Pfarrheim der evangelischen Gemeinde St. Thomas in Berlin/ Kreuzberg.
Nach dem gemeinsamen Frühstück und einem Morgenimpuls machte ich mich an jedem Tag alleine und auch mit einer Teilnehmerin der Gruppe auf den Weg in die Stadtteile von Berlin. Gegen 16 Uhr kehrten wir wieder in unser Quartier zurück, kochten unser Essen, feierten Gottesdienst miteinander und tauschten uns am Abend getrennt in zwei Gruppen über die Erfahrungen des Tages aus.
An den ersten Tagen berichtete ich in meiner Austauschgruppe von den Erlebnissen, ohne Geld unterwegs zu sein und von den unterschiedlichsten Begegnungen mit Menschen in Notlagen. Doch sehr bald wurde mir klar, dass es nicht um das Erzählen von interessanten Geschichten ging, sondern um meine persönliche Aufgabe, innerlich die Schuhe der Angst auszuziehen. So wurde ich in die Kathedrale St. Hedwig geführt. Dort meditierte ich am Grab vom Widerstandskämpfer Lichtenberg – verrückterweise vor der Krypta mit einer Baustelle, auf der mit einem Presslufthammer gearbeitet wurde.
Was hat das nun mit mir zu tun? Es geht darum, verhärtete Sichtweisen aufzubrechen und mit aller Verschiedenheit der Menschen die Zukunft in Kirche, Orden und in der Gesellschaft zu gestalten. Meine Unsicherheit, mich in S-Bahnen, bei Straßenschildern und Entfernungen nicht zurecht zu finden, trat schnell in den Hintergrund der Tage. Viel wichtiger ist das Aufbrechen meiner eigenen Grenzen und das Entdecken neuer Perspektiven auf dem Weg der Nachfolge Jesu.
So kam der „Chef“, wie der Jesuit Christian Herwartz Gott gerne nennt, mit dem Presslufthammer in mein Leben: Welche Schuhe möchtest Du vielleicht in dieser Fastenzeit einmal ausziehen, damit Dir, wie Mose, der Horizont geweitet wird?