Sr. Petra Bigge (2003)
Während meiner Exerzitien auf der Straße in Nürnberg ging ich eines Nachmittags vor das Gefängnis in unmittelbarer Nähe unseres Hauses. Mehrere der Teilnehmer/innen hatten bereits davon erzählt. Ich wollte nur schauen, mich von den Mauern ansprechen lassen.
Als ich in die Nähe kam sah ich von weitem die Tür des Besucherraumes offen stehen. Einige Menschen saßen unter den schattigen Bäumen und fanden dort Erfrischung in der Heißen SommerHitze. Ich setzte mich ebenfalls unter diesen Baum. Auf die kleine Mauer und beobachtete das Kommen und Gehen. Es kamen Frauen und Männer heraus, die sich unterhielten: Frustriert, aufgeregt, erschöpft und müde. Mir fiel ein älterer Herr auf. Ganz in weiß war er gekleidet. Er ging auf und ab vor dem großen Tor. Plötzlich wurde er hineingerufen. Nach kurzer Zeit kam er wieder heraus.
Ich beobachtete auch, dass viele Beamte hinaus und hineingingen. Schichtwechsel. Verdienter Feierabend für die einen, Dienstbeginn für die anderen. Beobachtete die Gesichter, wohin sie gingen, mit welchem Fahrzeug sie die Arbeit verließen.
Ich nahm mir dann vor, näher an den Besucherraum heranzugehen. Als ich aufstand kam der Herr ganz in weiß gekleidet auf mich zu und fragte mich, auf wen ich warten würde. Ich antwortete: „Ich suche Gott.“
Er sagte: “ Ich habe gerade meinen Sohn teuer ausgelöst.“ Warten sie noch 40 Minuten, dann wird er kommen. Sie können mit zu uns kommen. Kost und Logie sind frei. Sie können in meinem Restaurant mitarbeiten. Ich werde ihnen alles zeigen.“
Ich sagte, dass ich morgen und übermorgen Zeit hätte. Er meinte, dass dies zu kurz sei. Ich sollte ein halbes Jahr bleiben und sehen, ob es mir bei ihm gefallen würde.
Erst beim erzählen in der Gemeinschaft der Kombonis wurde mir deutlich, das Gott in dieser Begegnung zu mir gesprochen hat. Auch heute noch klingen die Worte in meinem Ohr nach:
Teuer habe ich meinen Sohn ausgelöst. In 40 Minuten wird er kommen. – Und im Schauen auf die Uhr merkte ich, dass in 40 Min. unser Gottesdienst beginnen sollte.
Er will auch in dieser Adventszeit zu jedem von uns kommen. Auch wir sind ausgelöste. Teuer ausgelöste. Freie Kinder Gottes.